Putz und Farbe im Fachwerkhaus

Über Putz und Farbe am Fachwerkhaus wird bei Sanierungen endlos diskutiert und philosophiert. Man kann in Büchern oder Internet unzählige Tipps bekommen, was man wie machen soll. 20 Jahre nach der Sanierung der Außenfassade können wir auf diverse Fehler und Erfolge zurück blicken. Die Weisheit haben wir auch nicht erfunden, was aber alles so im Internet steht, sollte man auch nicht glauben (einschließlich dieses Artikels?).

Wir haben unser Haus 1993 gekauft. Auf Grund der Situation musste zunächst die Südseite dringend saniert werden. Im Erdgeschoss sind die Gefache mit Sandsteinen ausgemauert. Das ist unüblich und auch nicht ideal, da die teilweise grossen Steine keinerlei Flexibilität aufweisen. Historisch wurden beim Abriss der Mauer aber diese Steine verwandt, also haben wir sie auch erhalten. Die meisten Gefache wurden dabei neu hochgemauert. Im Mörtel wurde mit 4RT Sand, 0,5 RT Zement und 0,5 RT gelöschtem Kalk gearbeitet. Für den Maurer war das viel zu weich. Die Fugen wurden hinterher mit Zementmörtel ohne Kalk ausgefüllt und mit Schwamm sauber am Sandstein gereinigt. Die Sandsteingefache halten jetzt 20 Jahre ohne Probleme. Ganz falsch kann es also nicht gewesen sein.

Südseite ohne Behang mit Lehmputz zwischen den Balken

Interessant wurden die Gefache im Obergeschoss. Hier handelt es sich um Lehmausfachung mit Stakung und Weidegeflecht. Bis 1923 waren die Gefache einfach mit Lehm verputzt und nicht gekälkt. Mit dem Einzug der Familie Tute wurde die Südseite mit Sandsteinbehang versehen. Wir haben die Sandsteine abgenommen, um das Haus mit Sichtfachwerk auszuführen. Die Lehmgefache sollten nun geputzt werden.

Wir haben uns an den Büchern von Manfred Gerner orientiert. Dort wird für Lehmgefache ein Putz von 3,5 RT Sand, 1 RT Sumpfkalk und 0,1 RT Zement vorgeschlagen. Vorher wurden die Lehmgefache mit einer Armierung aus Kaninchendraht als Putzträger versehen. Dem Putz wurden zusätzlich Kälberhaare als weitere Armierung beigegeben. Da lachte das Maurerherz….  Kälberhaare und Sumpfkalk in Eimern konnte man  von der Firma Kreidezeit bei Hildesheim kaufen. Wir sind damals noch bei Gert Ziesemann vorbei gefahren und haben den Sumpfkalk direkt bei ihm zuhause abgeholt. Danach wurden die Gefache mit Kalk-Kasein Farbe von Kreidezeit nass in nass gestrichen. Das hat natürlich den Vorteil, dass das Gerüst nur kurze Zeit stehen muss. Die Balken wurden übrigens mit Orangenschalenöl von Auro gestrichen (dazu in einem anderen Artikel mehr). Unser Haus war also fast schon vegan, es roch nach Obstladen. Und sechs Wochen sah es auch sehr schön aus.

Es wurde Herbst und etwas regnerisch. Auf der Westseite (die Schmalseite mit dem freundlichen Helfer davor) verfärbten sich die Felder, es sah nach Schimmel aus. Die Westseite blieb ziemlich lange feucht. Auf der Südseite wurde die Farbe einfach heruntergespült und die Balken hatten weiße Schlieren. Felder im nahen Bodenbereich fingen an, langsam herunter zu bröseln (zu wenig Bindemittel). Alles in Allem waren unsere Sanierungsmaßnahmen im ersten Jahr also nicht so erfolgreich. Noch im Herbst haben wir auf der Westseite den Sandsteinbehang vom oberen Dachdreieck bis nach unten gezogen. Damit war die Wetterseite geschützt (nur leider ohne Isolierung hinter den Platten) und möglicher Schaden vom Haus abgewendet. Bei vielen Sanierungen wird Sumpfkalkputz verwendet, wir haben irgend etwas falsch gemacht.

  

1994 haben wir die Nordseite saniert. Aus den Problemen des ersten Jahres haben wir gelernt und  nicht weiter mit Sumpfkalkputz gearbeitet. Bis auf ein Feld, das noch guten Putz hatte, haben wir den gesamten Putz der Vorderseite abgeschlagen (in großen Stücken, er hing ohne Armierung nur lose auf den Flächen). Nachdem alle Balken von einer dampfdichten Farbe befreit waren und den ersten Anstrich bekommen hatten wurden die Flächen mit Putz mit einem Verhältnis 4 RT Sand, 1 RT Zement und 0,5 RT Sumpfkalk verputzt (mit Kälberhaaren). Die Flächen ließen wir 1 Woche trocknen. Danach wurden die Flächen mit Silikatfarbe (Wasserglas von Kreidezeit) gestrichen. Der Putz und die Farbe sollte verkieseln. Das Gleiche haben wir auf der Südseite mit den bereits gestrichenen Flächen gemacht. Die Flächen haben nicht mehr neu verputzt, da der Putz nur im Obergeschoss ist und vom Dachüberstand relativ gut geschützt wird. Das eine nicht neu geputzte Feld auf der Nordseite macht noch heute Probleme. Auf der Originalfarbe (viele Schichten in weiß und grau) hält die Silikatfarbe nicht richtig. Das hätten wir  besser auch neu geputzt.

Sanierung der Straßenseite

Natürlich wurde nirgends über das Holz geputzt. Es wurde immer ein Kellenstrich zwischen Putz und Balken gesetzt, es  nirgends mit irgendwelchen Dichtmassen gearbeitet und der Putz wurde peinlichst genau vom Holz mit einem Schwamm heruntergewischt. Hier haben wir es mit Herrn Gerner oder den Tipps aus dem Holznagel (Zeitschrift der Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V.) gehalten. In Dassel, Einbeck oder Celle (wo wir 1993 noch wohnten) sieht man viele Häuser, wo die Fugen mit Silikon geschlossen werden, Balken und Putz quasi in einander über gehen und die dunkle Holzfarbe auf die Gefache gezogen wird, um die Balken optisch zu begradigen. Meist wird dann auch noch dampfdichte Farbe für die Balken verwendet. Nach einigen Jahren reißt die Dichtung, Wasser dringt ein und kann nicht mehr schnell abdampfen und die Balken beginnen zu faulen.

Der Putz hält nun 20 Jahre am Haus, die Farbe wurde 2011 im Rahmen des Dachausbau nachgestrichen. Alles in allem gibt es keine Probleme mit dem Gefacheputz. Am meisten lernt man immer noch aus den eigenen Fehlern.

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